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25. Jan 2014 Also gut. Reden wir über Fleisch.
Persönlich ist das neue Schwarz//Wichtig ist, was oben reinkommt//Zur Sache, Mann!// 27 Kommentare
Was den Tod angeht, kam ich ohne Berührungsängste zur Welt. Ein toter Körper ist nun mal, was er ist: Tot. Leb- und gefühllos. Knochen, Muskeln, Fett, Haut, Blut. Nichts, wovor es sich zu fürchten oder zu ekeln lohnt. Und so mauserte ich mich früh zur begeisterten Weihnachtsgansbeauftragten, entnahm die verbliebenen Organe, wusch den Körper, steckte ihn auf meinen Arm und ließ ihn zappeln. Nichts knabberte ich so gerne ab wie Knochen: Koteletts, Eisbein, T-Bone-Steaks. Schälrippchen, Hasenkeule, Hühnerflügel. Lediglich um Fischgräten machte ich einen weiten Bogen, was mehr mit Erstickungsangst denn Ekel zu tun hatte. Dafür knackte ich Schalentiere aller Art mit beachtlicher Wonne. Ich aß alles, was mir vorsetzt wurde mit großem Genuss und bar jeder Sorge, dass etwas Fühlendes durch mich verletzt werden könnte.
Als ich dann in die Augen der Kuh sah, die auf gebrochenen Läufen zur Laderampe getrieben wurde, muss ich zehn oder elf Jahre alt gewesen sein. Es war Anfang der 90er, und die Praktiken, mit der Tiere massenhaft durch die EU gekarrt wurden, waren erstmals Thema zur besten Nachrichtenzeit. Ich weinte heiße Tränen auf mein Schinkenbrot, das nur wenig mit der Kuh zu tun hatte, dafür aber schön satt machte und schnell tröstete.
Im omnivoren Paradies // Iss das Hackfleisch
Und auch die nächsten Jahrzehnte nahm Fleisch seinen ganz selbstverständlichen Platz auf meinem Teller ein. Rotes Fleisch, weißes Fleisch, Bärchenwurst, Fisch, Insekten, Meeresfrüchte: Es gab nichts, was ich nicht aß, nichts, was ich nicht gewillt war, zumindest zu probieren – und ich schwöre, ich hätte selbst Hund gegessen, wenn er mir denn angeboten worden wäre. (Meinen eigenen natürlich ausgenommen, beste Freunde isst man nicht.)
Und ich gefiel mir in der Rolle des unkomplizierten Essers. Mit mir konnte man endlos schlemmen, alle Herrlichkeiten genießen und kosten, was das Herz begehrte – bedenkenlos und unbeschwert.
Doch mit der Zeit sickerte immer mehr bittere Nutztierrealität in meine rosige Konsumentenwelt: Reportage reihte sich an Diskussion reihte sich an Skandal (erst Fleisch, dann Milch, dann Fisch, dann Eier) und auf einmal war die Wahrheit nicht mehr irgendwo in der EU unterwegs, sondern saß mit mir am Tisch. Ich wusste so viel mehr über das Produkt auf meinem Teller, dass mir der ganze Sachverhalt fast schon abstrakt erschien. Surreal. Die Idee einer Vorgeschichte machte sich zwar breit – aber ach! Auf keinen Fall durfte es eine direkte Verbindung zu mir geben. Unvorstellbar, dass etwas Fühlendes durch mich verletzt worden war.
Omnomnom ftw
Da war ich also nun, vollgepumpt mit Wissen, und änderte rein gar nichts. Ich machte mir vor, nur ehrlich zu sein, wenn ich angesichts grasender Kühe verzückt ausrief, welch herrliche Steaks dort weiden würden. Und wenn wir keine Tiere essen sollen, warum sind sie dann so lecker? Hahahaha! Außerdem litt ich eh an Eisenmangel, mein Körper ließ mir im Grunde keine Wahl; die Biologie bestimmt unser Verhalten und ich brauchte mein Fleisch. Außerdem aß ich eh nicht jeden Tag welches, und wenn, dann von der Metzgerei meines Vertrauens. Und Eier? Die kaufte ich eh immer bio. Wenn ich heute darüber nachdenke, hatte ich wohl schlicht das Mitgefühl kaputt.
Ein bisschen wie Salamitaktik, nur halt andersrum.
All das Wissen hat mir nicht geholfen, über den engen Rahmen meiner persönlichen Erfahrung hinauszusehen. Es hat über zwanzig Jahre und eine Vielzahl von Schlüsselmomenten gebraucht, bis ich den Mut fand, die Angelegenheit persönlich zu nehmen.
Ich musste erst einer Jungkuh die malerisch sonnengeküsste Stirn kraulen und das nummerierte Etikett in ihrem Ohr berühren, um zu verstehen, dass die anonyme Masse von Nutztieren aus Individuen besteht. Ich musste gedankenverloren von meinem Einkaufszettel aufblicken, um die endlos langen, randvollen Tiefkühltruhen wahrzunehmen und zu erfassen, wie viele Tierprodukte wir Menschen wirklich verzehren. Ich musste die panische Angst unserer krebskranken Katze im Moment der Euthanasie erleben, um zu begreifen, die unbarmherzig es ist, ein fühlendes Wesen ohne jede Not in den Tod zu schicken. Und ich musste Foers Tiere essen lesen, um am Ende zu verstehen, dass etwas Fühlendes durch mich verletzt wurde.
</tiere essen>
Es gab nie einen konkreten Entschluss – ich habe einfach aufgehört, Fleisch zu essen, und seither sind fast zwei Jahre vergangen. Rechnete ich anfangs noch mit gelegentlichem Aufkommen blutiger Steaks, merkte ich schnell, dass die Katze für mich aus dem Sack war: Fleisch und Tier, Milch und Mutter, Ei und Huhn wurden in meinem Weltbild wieder zur Einheit.
Ein halbes Jahr, nachdem ich das letzte Stück Fleisch gegessen hatte, verzehrte ich den letzten Fisch. Milch, Joghurt, Sahne & Co. hatte ich Jahre zuvor schon von meinem Ernährungsplan gestrichen; sie schlagen mir auf die Atemwege. Seit einigen Monaten sind auch Eier kein regelmäßiger Bestandteil meiner Ernährung mehr. Was bleibt, ist ein bisschen alter Käse.
„Fehlt dir denn nichts?“
An einem der letzten Herbsttage gingen die engste Vertraute und ich spazieren, und während unsere Körper lange Schatten auf den Wegrand warfen, erörterten wir, was das alles mit mir gemacht hatte. Wohin das noch führen würde. Und ob mir vielleicht nicht doch etwas fehlte. Ich habe Ja gesagt.
Mir fehlen Gummibärchen. Gummibärchen aufgeben zu wollen war für mich ein harter Schlag, vielleicht weil sie in jeder Hinsicht am weitesten vom Tier entfernt sind. Vielleicht habe ich sie auch nur für mein Leben gern gegessen.
Was mir jedoch viel schmerzlicher fehlt, ist die Unbeschwertheit. Ich gäbe einiges um einen Resetknopf, der all das Leid, die Zerstörung, den Raubbau und den Wahnsinn ausradiert und mir mein unbekümmertes Dasein wiedergibt. Doch egal wie sehr ich die Unbeschwertheit vermisse: Ich bin froh über den Weg, den ich jetzt gehe.
Nie zuvor habe ich so viel über den Menschen gelernt, der ich bin – und über den, der ich gerne wäre. Vielleicht hätte ich nie erfahren, wie groß die Diskrepanz zwischen den beiden ist. Und wie stark es mich gemacht hat, mich den eigenen Monstern zu stellen.
Friends, not food.
Und doch: Es geht bei der ganzen Sache nicht um mich – nicht um meine Entwicklung, nicht um meinen Geschmack, nicht um meine Gesundheit. Es geht um das Leben und Wohlergehen eines jeden Tieres, das unseren Vorstellungen von Lebensstil und Moral ausgeliefert ist.
Ein Freund warf mir einmal vor, meine Kritik an der Nutztierhaltung wäre die eines verwöhnten westlichen Kindes. Nachdem die reflexhaft aufsteigende Zornesröte langsam nachgelassen hatte, musste ich leider zugeben, dass er in vielerlei Hinsicht Recht hatte:
Ich führe ein ungemein privilegiertes Leben. Meine Nahrungspalette ist reich an Auswahl, fremdgeerntet, vorgewaschen, weitestgehend keimfrei und jederzeit verfügbar. Außerdem lebe ich in einer Zeit, in der ich trotz rein pflanzlicher Ernährung genussvoll essen und keinen Mangel leiden muss. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, ein verwöhntes Kind zu sein – vor allem, weil man sich selbst in die Verantwortung nehmen kann.
Hallo, ich möchte mit Ihnen über Fleisch reden.
Bis hierhin habe ich nur von mir gesprochen, war auf Besonnenheit bedacht, habe keinen Druck ausgeübt und keine Spiegel dargereicht. Ich wünschte, ich könnte auch am Ende dieses Textes dabei bleiben, und sei es, um mich dem Vorwurf missionarischen Gebarens zu entziehen.
Bis vor wenigen Monaten wäre mir das vielleicht noch gelungen, denn es ist mir tatsächlich einerlei, wie andere Menschen ihr Leben führen. Ich halte mich weder für den Messias, noch für nennenswert erleuchtet, und es ist mir geradezu unangenehm, dass der Gegenstand meines Anstoßes so eng an die persönliche Lebensgestaltung Anderer gekoppelt ist. Mir geht nur mehr und mehr die Geduld aus, je länger ich mich mit dem Thema beschäftige und je mehr ich weiß. Und dabei ist es nicht meine persönliche Überzeugung, die mich radikalisiert, sondern die Realität.
So sehen wir uns reihenweise Splatterfilmchen an und genießen den aufregenden Kitzel des Horror-Genres, während wir Produkte essen, deren Entstehungsbedingungen den Leinwandsadismus zum Ponyhof degradieren. Und ich will einfach, dass das aufhört. Freilich nicht die Splatterfilmchen – sondern der alltägliche, millionenfache, echte Horror. Am besten jetzt, am besten sofort; ich möchte zetern, schreien und all den ach so erwachsenen Menschen ihre Bratwurstbrötchen gewordenen, ach so erwachsenen Kaufentscheidungen aus der Hand schlagen. Es ist meine eigene, zwanzig Jahre flache Lernkurve, die meinen sendungsbewussten Eifer im Zaum hält.
Aber ich kann und will nicht mehr stumm dabei zuzusehen, wie wir fühlenden Lebewesen alles nehmen, was unser eigenes Leben lebenswert macht: Einen gesunden Körper, beispielsweise. Oder elementare Dinge wie Bewegungsfreiheit, frische Luft und Sonnenlicht. Dass wir unsere Überlegenheit dazu einsetzen, sie auszubeuten, ihnen wissentlich Schmerzen zufügen und sie unnötige Qualen leiden lassen. Dass wir ihnen unsere Empathie versagen. Und dass wir sie am Ende um das einzig kostbare bringen, was sie haben: Ihr Leben.
14:35h
Suse sagt:
Danke für den Artikel!
Selbst esse ich seit 14 Jahren kein Fleisch mehr. Erst, weil es mir nicht mehr schmeckte, dann der Tiere wegen.
Niemand muß auf Fleisch verzichten. Wenn jeder seinen Fleischkonsum halbieren würde, ginge es vielen Lebenwesen besser. Nicht zuletzt denen, die Fleisch für uns "anbauen" statt Grundnahrungsmittel für sich selbst.
LG
Suse
16:28h
Marco sagt:
Das ist ein sehr schwieriges und komplexes Thema. Ich bin als Kind auf einem halben Bauernhof groß geworden und hab dadurch sehr früh und ganz natürlich gelernt, was Fleisch essen bedeutet. Und diese Natürlichkeit hilft dabei den Sachverhalt zu Abstrahieren. Diese Abstraktion ist absolut notwendig, weil uns sonst alles im Hals steckenbleiben würde, und wir vor grundsätzlichen Fragen stehen, denen wir uns nicht stellen wollen, weil wir die Konsequenzen kennen und diese Konsequenzen ablehnen. Das ist die eine Seite, die andere Seite ist die industrielle Nahrungsmittelproduktion. Dieses Problem könnte man eigentlich lösen. Aber schon dabei versagen wir alle zusammen kollektiv.
16:38h
Christian sagt:
.
16:48h
Johannes sagt:
Was Christian sagt.
16:49h
Gabi sagt:
Es gibt doch pflanzliche Gummibären?
Ansonsten geht’s mir fast genau so. Nur gewöhne ich mir das Tiere essen langsam ab. Im Moment leider noch Huhn und Fisch, aber auch schon immer weniger. Schwer, wenn der Wahlspruch des Mannes ist:" Fleisch ist mein Gemüse!"… Gruß Gabi
17:53h
turtle of doom sagt:
Ich finde es nicht richtig, sich allein auf das Leid des Nutzviehs/Schlachtviehs zu abzustellen. Wenns man falsch macht, tötet eine vegetarische Ernährung wesentlich mehr Tiere als eine mit Berücksichtigung der fleischlichen Gelüste.
Etwas polemisch gesagt müsste man einfach einen Bauern fragen, wieviele Krähen und Greifvögel hinter dem Mähdrescher die totgemähten Tiere aufpicken. Und schliesslich müssen Mäuse, die alle paar Jahre massenhaft auftreten, auf den Getreidefeldern vergiftet werden. Auf der anderen Seite gibt es Bio-Höfe, wo die Auslauf-Rinder direkt auf der Weide erschossen werden. Kein Tiertransport und kein Schlachthof.
Man kann natürlich jede einzelne Ernährungsweise verbieten, weil sie "unnatürlich" ist - wenn wir Früchte und Gemüse essen, scheissen wir im Gegensatz zu Tieren auch nicht direkt in den Garten, wo dann die Pflanzensamen keimen können. ;-)
Es gibt wie im übrigen Leben kaum jemals Schwarz und Weiss und klare Ja und Nein. So bin ich dankbar um jeden Menschen, der nicht bloss konsumiert, sondern auch denkt und mit seinem Einkaufs- und sonstigem Verhalten ein Zeichen setzt.
18:42h
Daniela sagt:
Selten einen so wunderbar herrlich ehrlich, aus der eigenen Entwicklung heraus geschriebenen Bericht über den Weg zum Fleischverzicht gelesen. So fühlen sich bestimmt auch Menschen angesprochen, die genau dastehen, wo du (und ich) noch vor einiger Zeit gestanden haben. Kein erhobener Zeigefinger und dennoch sehr betroffen machend! Danke dir für diese Zeilen. Gebe ich gern weiter …
19:49h
Lotte sagt:
Liebe serotonic
ich habe noch nie, nie, nie einen Blog-Kommentar geschrieben.
Aber es hat mir auch noch nie, nie, nie jemand so aus der Seele geschrieben. Deinen Worten ist nichts hinzuzufügen.
Danke.
20:26h
daniel sagt:
toller text! danke!
21:44h
Peter sagt:
Danke für diesen anregenden und anrührenden Artikel! Ich esse auch schon seit Jahren kein Fleisch mehr und vermisse gar nichts. Milchprodukte vom Speiseplan zu streichen fällt mir leider deutlich schwerer…
23:20h
Frieda sagt:
Vielen Dank für diesen Text! Spricht mir sowas von aus der Seele :)
03:07h
Jürgen sagt:
DANKE für diesen wunderbaren Artikel
07:24h
Marén sagt:
Danke!
12:08h
Claudia/Unverbissen vegetarisch sagt:
Danke für diesen tollen Artikel! Mir ist es ganz ähnlich ergangen und "Tiere essen" war für mich dann auch der Anstoß, endlich Konsequenzen aus dem zu ziehen, was mittlerweile wohl alle wissen.
Dass mein Blog "unverbissen-vegetarisch.de" heißt, obwohl es um rein pflanzliche Ernährung geht, ist mein Versuch, auch Menschen, die nicht gleich ganz verzichten wollen. Das größte Potenzial für Veränderungen liegt bei Normalessern: würden sie Fleisch- und Tierprodukte deutlich senken, wäre schnell sehr viel erreicht!
Was vor allem auffällt, wenn man Tierprodukte abwählt, ist ihre Überrepräsentiertheit in den Supermärkten. Allein die unglaublich große Fläche, die für all die Wurst- und Käse-, Yoghurt- und Milchproduktregale zur Verfügung steht, die Wände-füllenden Kühlschränke für Fleisch, die elend langen TK-Strecken für gefrorenes Fleisch - das alles zeigt drastisch, dass weit mehr Tierprodukte konsumiert werden, als für eine ausgewogene Ernährung nötig und gesund wäre.
Wogegen "Pflanzliches" - mal nur an Brotaufstriche gedacht - kaum angeboten wird. Es gibt nicht mal Pizza mit einer Käse-Alternative, obwohl letztere geradde auf Pizza durchaus schmecken.
18:24h
Susi sagt:
Danke für diesen Text, Du sprichst mir aus der Seele !
18:40h
_mue sagt:
Ich glaube, man sollte noch an etwas anderes denken: Nur weil wir Tiere leiden hören und sehen, heißt das meiner Meinung nach nicht, dass nur Tiere leiden, wenn sie zu Nahrungsmitteln verarbeitet werden. Wer kann sagen, ob es nicht für all die Pflanzen, die holocaust-gleich (man möge die Wortwahl verzeihen denn sie macht anschaulich) jedes Jahr geerntet und verarbeitet werden, ähnlich grausam ist zu sterben. Worauf ich hinaus will ist folgendes: Vielleicht sollte man insgesamt bewusst von allem essen - maßvoll. Denn wir können nicht verhindern, dass Lebewesen leiden oder sterben, damit wir etwas zu essen haben, aber wir können versuchen, so wenig wie möglich zu verschwenden und darauf zu drängen, dass die Lebewesen, welche unsere Nahrung darstellen oder produzieren, so gut wie möglich leben können und mit sowenig Qual wie nur irgend möglich sterben.
20:19h
Chris sagt:
@_mue
Ob Pflanzen leiden ist wissenschaftlich noch nicht geklärt.
Fakt ist jedoch, dass für 1kg Fleisch bis zu 16kg Pflanzliches Futter benötigt wird und 15.000L Wasser.
Kurz überlegen? Stimmt, für vegane Ernährung braucht es nur einen Bruchteil an "leidenden" Pflanzen, als für fleischliche.
@turtle of doom
Für Viehfutter werden täglich riesige Flächen Regenwald abgeholzt, tielweise noch immer mittels Brandrodung. Da gehen unmengen Tiere bei drauf.
Weltweit werden jährlich ca. 1.000.000.000 Landtiere gequält aufgezogen und bereits im "Kleinkindesalter" geschlachtet, dazu noch einmal die Doppelte Menge Wassertiere. Das schafft kein Mähdrescher, der übrigens auch bei der Futtermittelernte auf Fledern unterwegs ist, uns um ein vielfaches mehr an Tieren dabei "versehentlich" tötet, als es bei rein veganer Ernährung der Fall wäre.
Von Fehlschüssen bei der Weidejagd war auch noch nicht die Rede, wo Tiere nur verwundet werden und leiden, bis sie verrecken.
Pflanzensamen keinem übrigens nicht nur in Scheiße, sondern mit Vorliebe in Gründünger. Das Düngen mit Fäkalien gibt dem Boden nur einen Bruchteil dessen zurück, was er abgegeben hat, dafür muss man chemisch zusätzlich düngen. Ausserdem wird diese Art zu Düngen als billige Entsorgungsmöglichkeit für eben die Tierfäkalien missbraucht, es wird ein vielfaches mehr auf die Äcker aufgetragen, als die Böden verkraften können, was dann ins Grundwasser sickert und unser Trinkwasser verseucht.
Weltweit hungern etwa 1 Milliarde (1.000.000.000) Menschen. Jede
Sekunde stirbt auf diesem Planeten ein Mensch an Hunger, 30 Millionen
(30.000.000) Menschen im Jahr.
Täglich sterben zwischen 6.000 und 43.000 Kinder an Hunger, während ca.
40 % der weltweit gefangenen Fische, ca. 50 % der weltweiten
Getreideernte und ca. 90 % der weltweiten Sojaerntean die „Nutztiere“
der Fleisch- und Milchindustrie verfüttert werden!
80 % der hungernden Kinder leben in Ländern, die einen Nahrungsüberschuss produzieren, doch die Kinder bleiben hungrig und verhungern, weil derGetreideüberschuss an Tiere verfüttert bzw. exportiert wird. Die Verfütterung von pflanzlicher Nahrung zur Erzeugung gesundheitlich bedenklicher tierlicher Produkte ist
eine Absurdität, ein Skandal und eine Verschwendung der Superlative.
Aus der „Dritten Welt“ werden pflanzliche Futtermittel für die „Nutztierhaltung“ in die Industrienationen exportiert, obwohl in diesen armen Staaten Kinder und Erwachsene hungern und an Hunger sterben. Sie kennen sicher die bekannte Redewendung:
„Die Tiere der Reichen essen das Brot der Armen“.
Beispielsweise kam es 1984 nicht deshalb zu einer Hungersnot in Äthiopien, weil die dortige Landwirtschaft keine Nahrungsmittel produziert hat, sondern weil diese Nahrungsmittel nach Europa exportiert und dort an „Nutztiere“ verfüttert wurden. Während der Hungerkrise, die zehntausende Menschen das Leben kostete, importierten europäische Staaten aus Äthiopien Getreide, um damit Hühner, Schweine und Kühe zu füttern. Wäre das Getreide dazu verwendet worden, die äthiopischen Menschen vor Ort zu ernähren, hätte es keine Hungersnot gegeben. In Guatemala sind etwa 75 % der Kinder unter 5 Jahren unterernährt. Trotzdem werden jährlich weiterhin über 17.000 Tonnen Fleisch für den Export in die USA produziert. Für die Mästung dieser Tiere sind gigantische Mengen an Getreide und Soja notwendig, die den unterernährten Kindern nicht zur Verfügung stehen. Anstatt die Hungernden der Welt zu ernähren, nehmen wir ihnen die Nahrung, um damit die gequälten „Nutztiere“ zu mästen und damit unsere krankmachende Sucht nach Fleisch, Eiern und Milch zu befriedigen.
12:13h
Hans sagt:
Ich mag fleisch. wie in der natur üblich: es siegt der stärkere.
12:50h
adelhaid sagt:
frau serotonic, ich habe wirklich zu danken. für diesen text, der endlich mal schreiend, und gleichzeitig völlig unaufgeregt sagt, dass man entscheidungen treffen muss. und zwar für sich selbst. dass man sich informieren muss und dann für sich selbst konsequenzen ziehen muss. dass man nicht aufhören soll sich zu informieren, nur weil es unangenehm wird und die informationswelle schlicht und ergreifend dazu führen wird, dass man für sich selbst konsequenzen ziehen muss.
zu wissen, was auf der welt angerichtet wird, damit die westliche welt fleisch mit fleisch an soße aus dem eimer genießen kann, ist sicherlich ein guter anfang, lässt aber vermutlich viele leute einfach resignierend und hilflos zurück. was kann ich als einzelner gegen die überbordenden subventionen für die landwirtschaft tun, die die massentierhaltung erst möglich machen und die durch die monokultur die landschaften zerstören? was kann ich dagegen tun, dass trotz der subventionen diejenigen, die nicht in masse produzieren sich diesen luxus eigentlich fast nicht leisten können - nicht auf masse zu produzieren?
maßvoll konsumieren. informiert konsumieren. und stets und überall mit genuss konsumieren - und nicht, weils halt grad da ist. und dann beim genuss kurz vorher noch die information wieder einschalten - und dann noch mal überprüfen, ob es a) noch ein genuss ist und b) wirklich sein muss - ich glaube, damit kann man maß halten lernen.
und wenn man dann noch in der lage ist, anderen menschen ihre eigenen entscheidungen zuzugestehen und andere menschen und ihre entscheidungen zu respektieren, und dann und dort ruhig in einen dialog kommen kann, auch dann ist viel erreicht.
danke. echt.
19:03h
Christina sagt:
Super Artikel - du sprichst mir aus der Seele.
21:15h
Anna-Lena sagt:
Praktisch, dass du exakt meine Gedanken mit diesem Beitrag auf den Punkt gebracht hast. :)
Mit dem letzten Thema "mit anderen über Fleisch reden" habe ich bisher noch so meine Probleme - ich verarbeite das momentan auf vorsichtige Weise, indem ich auf einem extra Tumblr allen Neugierigen versuche zu zeigen, welche vielfältigen leckeren Sachen man trotzdem noch essen kann ohne unter dem Verzicht zu leiden.
Falls es dich interessiert: http://www.blogbleistift.de/post/73619897262/vor-einer-woche-habe-ich-angefangen-auf-was-isst
08:21h
serotonic sagt:
Dankeschön für Euer Feedback, und insbesondere Chris für die Ausführungen, warum wir neben potentiellem pflanzlichen Leid auch tatsächliches, menschliches Leid verringern, wenn wir der industriellen Tierproduktion Einhalt gebieten.
adelheid, es freut mich sehr, und genau das war auch mein Anliegen.
Anna-Lena, Christian hat hier außerordentlich treffend über die Stellvertreterdiskussionen geschrieben, die auch ich nach Möglichkeit meide. (Interessiert mich, Merci!)
13:02h
Micha sagt:
Danke für diesen wunderschönen Beitrag. Ich erkenne mich da völlig wieder - ich habe früher schon bei "Der mit dem Wolf tanzt" bewundert, wie sich die Indianer bei dem Hirsch bedanken, nachdem sie ihn erlegt hatten. Auch bei mir hat es viele Jahre und einige Schlüsselmomente gebraucht, bis ich soweit war, mein Wissen in Konsequenzen umzusetzen.
Und bezüglich des Missionierens: Es wird immer als Tugend hingestellt, wenn man tolerant gegenüber Andresessenden ist, dabei ist Toleranz an der Stelle gar nicht angebracht. Toleranz ist gut und wichtig, z.B. bei Religion: Es sei jedem selbst überlassen, zu welchem Gott er spricht und welches Hütchen er dabei aufhat. Oder Sexualität: Wenn sich zwei oder mehr gern haben, warum nicht? Oder Klamotten: Sicher finde ich manches potthässlich, aber lass doch die Leute rumrennen, wie sie wollen.
Toleranz endet dort, wo andere, Unschuldige, unter einer Sache leiden. Bei diesem maßlosen Fleichfressen kann ich nicht tolerant sein - denn es betrifft viele unschuldige Lebewesen. Und: die Fleischesser machen auch meine Welt kaputt.
20:47h
Simone sagt:
Schön geschrieben. Ich bin höchst angetan davon, dass die Fleisch/Tiere essen-Debatte aktuell an unterschiedlichen Stellen so ausführlich diskutiert wird. Mein Fleischverzicht begann zwar erst am 1.1.2014, aber seitdem ich Bücher wie Vegan for Fit oder Eating Animals gelesen habe, kann ich einfach kein Fleisch und keinen Fisch mehr essen. Der Preis, den die Tiere, die Umwelt und wir als Endkonsumenten zahlen, ist einfach zu hoch; zumal die meisten Fleisch- und Fischerzeugnisse (man möchte gar nicht mehr von Fleisch oder Fisch sprechen) dermaßen durchsetzt sind mit allerlei Ungenießbarem, dass es einem nur den Magen umdrehen kann.
Außerdem ist der Blick auf das Sortiment diverser Vegetarier-/Veganer-Onlineshops wie ein Ausflug ins Schlaraffenland: Was es da an Leckereien und hochwertigen Nüssen, Beeren, Ölen… gibt, entgeht einem völlig, wenn man nur im konventionellen Supermarkt um die Ecke einkauft.
12:07h
serotonic sagt:
Micha, das sehe ich zwar ähnlich – wenn ich aber möchte, dass jemand mitkommt, muss ich ihn dort abholen, wo er steht. Ich glaube nicht, dass Ungeduld und Verurteilung dabei hilfreich ist.
Simone, ja, ja und ja! Für mich hat sich da eine ganz neue Welt aufgetan. Allein die Gewürze! Es ist fast wie im Candyshop.
21:34h
Micha sagt:
Serotonic, du hast natürlich Recht, mit Ungeduld und Verurteilung erreiche ich auch bei niemandem was. Ich habe vor langer Zeit schon gemerkt, dass "Predigen" eher Ablehnung erzeugt, und dass mein konsequentes Vorbild auch auf meine Umgebung abfärbt. Allerdings habe ich große Sorge, dass das nicht reicht. Ich habe noch 50 Jahre vor mir. Und die Prognosen für in 50 Jahren sehen stellenweise sehr düster aus. Die Politik tut viel zu wenig, mit Vernunft erreicht man viel zu langsam viel zu wenig, und Anschreien hilft auch nichts. Tja, und nu? Der kleine Tellerrand mancher Leute macht mich schon manchmal mürbe.
Wie ich schon geschrieben hatte: Die anderen machen auch meine Welt kaputt, und ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann.
Das klingt jetzt alles verbitterter, als ich eigentlich bin. Weitermachen, mit dem Schlimmsten rechnen, und aufs Beste hoffen. :)
Und wegen dem Angebot im Bio-Laden: Ich geh richtig gerne einkaufen. :) Manchmal gibt es jeden Monat wieder was neues zu entdecken und zu probieren. Ich hoffe, ich muss nie wieder in einem normalen Supermarkt einkaufen. :D
17:22h
serotonic sagt:
Ich mache mir da keine Illusionen und rechne fest damit, das »danach« nicht mehr zu erleben. Witzigerweise schmerzt mich das zwar inhaltlich, hinterlässt aber auch kein Resignationsgefühl. Ich tu halt eben was ich kann, auf alles andere habe ich keinen Einfluss. (Ich finde nicht, dass du verbittert klingst, btw :))
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