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Der Mann und ich haben ein paar Tage Urlaub gemacht. Spontanurlaub. Und dazu noch der erste Urlaub seit Mai 2007, wie wir im Zug gewahr wurden. Wir glotzten uns dann für einen Moment ein bisschen ungläubig an und stopften schnell Musik in unsere Ohren, während uns die Bahn ins gelobte Land – es ging nach Hamburg, nämlich – chauffierte.
Das Erste, was mir Landpomeranze natürlich auffiel, waren die vielen unglaublich gut gekleideten Menschen. Der Hamburger an sich hat einen Hang zu feinem Zwirn, und die einheimische Dame beschreitet das schöne Pflaster selbstverständlich nur in Stiefeln. Ich glaube ja, dass da ein Servicegedanke hinter steckt: So erkennt man als Tourist sofort seinesgleichen an den ausgelatschten Sneakers und kommt gar nicht erst in die Verlegenheit, einen anderen Ortsfremden nach dem Weg zu fragen.
Das Zweite, was ich von nun an für immer mit Hamburg verbinden werde, ist Hundescheiße. Noch nie hat des Hundes Kot so reichlich meinen Weg gekreuzt, meine Herren! Wir entwickelten vor lauter Begeisterung sogar ein lustiges Spiel, und das ging so: Jedes Mal, wenn einer eines Häufchens gewahr wurde, musste er Hundescheiße sinnvoll im nächsten Satz unterbringen; je nach Stadtteil variierte der Schwierigkeitsgrad. Im Level Sankt Pauli haben wir dann aufgegeben.
Apropos Sankt Pauli. In Sankt Pauli haben wir knapp über den Landungsbrücken gewohnt, Fischbrötchen wie bei Oma gegessen, Schiffsdiesel geatmet und uns die Füße wundgelaufen. Überhaupt, gelaufen sind wir quasi überall und unentwegt, wie die Wilden haben wir einen Fuß vor den anderen gesetzt.
Am Abend des ersten Tages liefen wir noch in ortskundiger Begleitung, und als wir dann mal saßen, schauten wir anderen Menschen beim Laufen zu, während Hamburg so tat als wäre schon längst Frühling. Das war toll, und überhaupt sollte man viel öfter Urlaub machen, viel mehr laufen und Menschen mit Kastanien in roten Mänteln treffen und Quiches essen und Cocktails an geöffneten Fenstern trinken.
An Tag zwei waren wir wieder so ziemlich mit Laufen beschäftigt, haben uns aber zwischendurch auch einmal quer durch den Hafen schippern (Hier, Ha-fen-rrrund-fahrt! Nur hier mit Speicherstadt!
) und in roten Doppeldeckerbussen durch die Stadt chauffieren lassen, Hamburg im Schnellverfahren sozusagen, jedenfalls schien uns gar herrlichst die Sonne auf den Pelz und wir waren schnell zwei menschgewordene Glückseligkeiten, die sich gleichermaßen fettgefressen und sattgesehen hatten.
Später dann verdrückte ich noch ein Tränchen auf einer Bank in der Hauptkirche St. Michaelis, weil doch gerade die Streicher probten und einen kurzen Melodieteil immer und immer wieder spielten, bis auch ich in der Lage war, die Nuancen zu hören – schnüff und meine-Güte-war-das-schön. Und während drinnen ein einsames Tränchen rollte, sammelten sich draußen all die großen und kleinen Wolken zum mächtigen Erguss in Spielfilmlänge. Nass bis auf die Knochen entschieden wir uns gegen den geplanten Restaurantfisch auf gestärktem Tuche und verlegten uns auf Mitnehmsushi auf Bettwäsche, was im Grunde eh viel großartiger war, und schon war der vorletzte Tag rum.
Am nächsten Morgen mit Abreisewehmut erwacht, Sachen gepackt, ausgecheckt und frische Waffeln gefrühstückt. Dem Michel unter den Turm und in die Krypta geguckt, einen Markt besucht, und dann das zauberhafteste kleine Café ever in der Wextraße entdeckt. Sollten Sie einmal selbst vor Ort sein, besuchen Sie das La Chance, da gibt es herrlich leckere Ofenkartoffeln, feine Crêpes und appetitliche Kuchen, alles selbstgemacht von einem Besitzer, der so derartig zuvorkommend und freundlich ist, dass ich gar keine Worte hatte, sondern nur noch tumb lächelte. Ach ja, und zu allem Überfluss gab es auch noch laktosefreie Milch für den Kaffee, und das alles auf gerade mal gefühlten 15 Quadratmetern. Satt und selig haben wir uns die Rathausführung entgehen lassen und sind anstatt dessen lieber noch etwas gelaufen, durch den Elbtunnel nämlich. Am Abend dieses dritten und letzten Tages hatte ich im Übrigen keine Blase am kleinen Zeh, sondern einen kleinen Zeh in einer Blase. Dass sowas geht, war auch mir neu. Und jetzt stellen Sie sich mal vor, ich hätte Stiefel getragen.
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Ich hätte das alles ja schon längst mit frisch geurlaubten Geiste verbloggen wollen, jedoch kam mir ein völlig nutzloser Treiber des neuen Grafiktabletts in die Quere, und nachdem ich 2 Tage Rebootmarathon hinter mir hatte, war ich, man glaubt es kaum, endlich in der Lage, es mit der von meinen Gehirnhälften befähigten Hand zu nutzen. Nachts um kurz vor 2 Uhr, völlig erschöpft und bis zum Anschlag pissed, galt meine erste Zeichnung natürlich dem Hersteller.
17:49h
Frau_Elise sagt:
Ach Hamburg….. als wir über Weihnachten dort waren, war es so kalt, dass die Hundescheisse entweder gefroren oder aber gar nicht da war, weil nämlich keiner mehr seinen Hund vor die Türe schicken wollte. Und so hatten wir ziemlich unsere Ruhe und eine grossartige Zeit. Die Hunde derweil haben wohl alle daheim in die Badewanne gekackt, aber da sind die Hundebesitzer wohl selber schuld dran, denn wer schafft sich auch freiwillig so ein Tier an.
17:56h
Lu sagt:
Hach, meine Herzstadt.
Nächste Woche fahr ich auch wieder (und bleibe wieder nicht einfach dort). Ich grüß dann die Elbe schön, nech? :)
18:32h
isabo sagt:
Das mit der Hundescheiße muss ein Irrtum sein, die ist in Berlin, hier sieht man kaum welche. Ehrlich.
Genau: nächstes Mal länger!
23:08h
Looka sagt:
Als ich mit Frau N. einen Tag in Hamburg war, haben wir es auch ganz großartig gefunden. Irgendwann möchte man ja vielleicht zusammenziehen und da wäre das eine nette Stadt. Wir haben damals die mama trattoria (mama.eu) entdeckt, wo ich eine ausgezeichnete Pizza gegessen habe, die alles bisherige in den Schatten gestellt hat. Auch der Nachtisch war nicht zu verachten.
Das La Chance merke ich mir für das nächste Mal.
23:38h
serotonic sagt:
Frau_Elise:
Vielleicht lassen sich schockgefrostete Häufchen auch besser in entsprechende Plastiktüten füllen. Eine jahreszeitabhängige Hundehaufenstatistik wäre da nicht uninteressant, würde man sich für sowas interessieren.
Lu:
Oh ja, bitte! Und die Alster auch, wenn du sie siehst. Ich vermisse beide jetzt schon.
Isabo:
Also sollten unglückliche Verkettungen dazu geführt haben, dass ich Hamburg zu Unrecht, also: Dann tut es mir außerordentlich leid. Samstag war auch wirklich weit und breit keine Hinterlassenschaft mehr zu sehen, wir schruben das dem Regen zu.
(Wir müssen eh nochmal kürzlich, weil: Fischmarkt ist nur sonntags.)
Looka:
… und ich mir die mama. Schaut toll aus, merci!
Ich bin eh ganz neidisch auf die vielen kleinen Restaurants und Cafés dort, Köln/Bonn sind da gastronomisches Niemandsland, schrecklich.
12:51h
grapf sagt:
Klingt nach einem kleinen & sehr feinen Urlaub ganz in der Art, wie ich ihn auch am liebsten mache. Der Berlin-Empfehlung möchte ich mich da mal - nicht nur wegen der Hundekacke - anschließen :-) Eignet sich für solcherart Reisen auch vorzüglich und man läßt da seltsamerweise immer 1 Koffer stehen. (Das gehtmir in HH allerdings auch so.)
19:25h
serotonic sagt:
In Berlin waren wir schon so oft, da sind wir ja quasi schon zu Hause, in dieser schnoddrigen Schönhei- äh. Du weißt schon, was ich mein.
17:53h
logsoft sagt:
Klein sero erinnert mich an "zéro". Zero to nine. Footballscore!