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17. Jan 2014 [Ode an das Telefon]
Aus der Reihe Lobpreisung des Alltäglichen präsentiere ich Ihnen heute: Das Telefon. Denn ich telefoniere tatsächlich für mein Leben gerne. Natürlich nicht ausnahmslos; von einer grundsätzlichen Präferenz fürs Fernmündliche zu sprechen wäre auch schon zu viel des Guten, aber ja, doch: Zu telefonieren bereitet mir Freude – insbesondere, wenn es sich um ein Gespräch handelt.
Der Spaß beginnt schon ganz am Anfang, mit dem bloßen Wählen der Nummer (oder für die coolen Kids: mit der Auswahl des Kontaktes). Der Akt, eine Verbindung herzustellen, ist im Grunde ein geradezu feierlicher: Man drückt mit einer bestimmten Absicht einige Tasten, führt den Hörer ans Ohr und lauscht für einen kleinen Moment – einem gemütlichem Knacken vielleicht, oder der Abfolge gleich mehrerer Tonsignale. Und so wartet man gespannt auf den Moment, in dem man endlich ein Amt hat, ein Freizeichen, ein freundliches Tuten! Ein Tuten, das signalisiert: Da, bei dem einen Menschen, den man sprechen möchte, da klingelt es jetzt. Vielleicht läuft er schnurstracks zum Telefon, gespannt, wer ihn da in seiner Ruhe stört. Vielleicht war er gerade eh mit seinem Handydisplay zu Gange, während er gedankenverloren an seiner Kapuzenkordel kaute, und lächelt jetzt. Vielleicht seufzt er aber auch genervt – man weiß es nicht, der Ausgang ist stets ungewiss (es sei denn, man handelt auf Basis bestehender Absprachen). Es liegt sozusagen im Wesen des Anrufens und Annehmens, sich reizvoll und unvorhersehbar zu gestalten.
Mit ein bisschen Glück jedoch trifft Kommunikationswunsch auf Gesprächsbereitschaft, und plötzlich redet man mit einem Menschen, dessen Stimmbänder sich gut und gerne ganze Tagesreisen weit entfernt befinden. Noch vor 150 Jahren wäre das kaum denkbar gewesen, vor zwei Jahrzehnten noch unbezahlbar – und heute tun wir glatt so, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Schlimmer noch: Wir fühlen uns von der vermeintlich unentwegten Erreichbarkeit unterjocht und distanzieren uns gar, indem wir im Rahmen bildungsbürgerlichen Partysmalltalks die Augen über sogenannte Quasselstrippen verdrehen, während sich unsere schicken Hintern verunsichert an fremde Küchenzeilen schmiegen. Dabei kann ich gar nicht sagen, wie sehr ich es immer wieder als Segen empfinde, die Freundin auf dem Land, den Freund im anderen Bundesland, den Mann auf der anderen Rheinseite sprechen zu können – stundenlang, wenn uns beiden danach ist. Oder für nur wenige Sekunden, wenn die Umstände es erfordern. Ich kann alleine zu Hause sein und trotzdem lebhafte Gespräche mit Menschen führen, die mir wichtig sind, ich kann einer Bekanntschaft, die durch dunkle Gassen nach Hause läuft, ganz spontan Mut zusprechen und ihr Gesellschaft leisten, und ich kann sogar entscheiden, den verdammten Scheißapparat einfach klingeln zu lassen, wenn ich mir selbst für den Moment genug bin. Jetzt mal ernsthaft: Ist das nicht unfuckingfassbar toll?
tl;dr Trotz seines derzeit schlechten Images ist das Telefon Liebe, und ich liebe das Telefon.
19:07h
Christian sagt:
<3
19:16h
Johannes sagt:
Ja. Nee. Also: Schon. Ich verstehe dich schon. Aber was mich am Telefon wirklich stört ist dieser Zwang, dass beide Personen zur gleichen Zeit zusammentreffen müssen. Ich schätze es meistens außerordentlich, dann antworten zu können, wenn ich es gerade will, und nicht, wenn es der Gesprächspartner möchte. Das ist auch der Grund, warum ich das Telefon für den größten Konzentrationsverhinderer halte, weil ich es nicht ausschalten kann ohne die Botschaft zu verpassen.
19:24h
serotonic sagt:
Aber es geht mir hier doch nicht um Effizienz, sondern um Liebe und Hingabe im Jetzt, Du.
20:05h
Thomas J. sagt:
Durch und durch Bonner: immer auf der Suche nach der Botschaft, auch wenn sie gar nicht mehr da ist.
20:08h
serotonic sagt:
Entschuldigung, aber kchkchkchkch! <3
20:51h
Señor Rolando sagt:
Frau @serotonic bildet in wohl korrektem Deutsch mir total unverständliche Sätze.
Ode an das Telefon. Also wirklich. http://t.co/hH4yr6zaYq