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08. Jul 2009 Schwein, Ernährung, Grusel. Tränen, Selbstekel.
Wichtig ist, was oben reinkommt//Zur Sache, Mann!// 5 Kommentare
Der Videos wegen Rotz und Wasser heulend versuchte ich mich gerade an einem Kommentar zu diesen Gedanken, unter anderem zum Porkcamp, einer Idee, die ich im gleichen Maße gut finde, wie sie mir die Kehle zuschnürt und Angst macht.
Ich mein, da kann ich doch jetzt nicht einfach so Bin dabei!
zu sagen – immerhin geht es ja tatsächlich um ein reales, atmendes Schwein, ein Lebewesen, als Jungtier so süß wie als Erwachsenes sympathisch und (Augen zu und der Realität entsprechend zu Ende gedacht) als Totes so schmackhaft.
Ein Zweispalt, der mich seit meiner frühen Kindheit umtreibt: Auf der einen Seite schlafe ich schlecht, wenn ich Blattläuse auf dem Gewissen habe, auf der anderen Seite setze ich mich nicht konsequent durch, wenn es um die Herkunft der in meinen 4 Wänden zu verzehrenden Tierteile geht. Ich schaffe es einfach immer wieder, trotz Kenntnis der grauenvollen Schlachtviehrealtität, in hygienisch verpackter Ware ausschließlich anonymen Sattmacher und Geschmacksträger zu sehen. Es ist fast so, als würden Gewissen und Wertschätzung vor dem Supermarkt stehenbleiben und sich erst später wieder zu mir gesellen. Obwohl ich es doch besser weiß.
Das Zeitrafferleben dieses Werbevideos ist zwar bedrückend, aber wenn wir es einmal zugeben, ist diese Darstellung noch sehr mild, ach, fast geschönt – gemessen daran, dass hier keine grobe Misshandlung zu sehen ist, keine Tritte und Schläge, keine Verabreichung von Medikamentencocktails, kein Durst, kein Frost und keine Hitze beim Transport, wir können nicht den Bewegungsmangel spüren, nicht den Urin und den Kot riechen, in dem so viele Tiere ihr Leben von Geburt an verbringen müssen, um uns eine günstige Mahlzeit zu sein.
Mit dem Thema konfrontiert, erinnere ich mich jedes Mal an meine beiden ernsthaften Versuche, vegetarisch zu leben: Ich wusste, dass es richtig war, aber ich hielt es nicht einmal einen nennenswerten Zeitraum lang durch. Übrig blieb eine Reue halbherziger Natur, Reue, die mich die eigene Schwäche vorschützen lässt. Ich pflege da also einen recht verschrobenen Selbstekel, mit dem ich aber bei weitem noch nicht fertig bin.
Ich glaube, dass so etwas wie das Porkcamp gelehrte und zelebrierte Wertschätzung von Leben und Genuss zugleich sein kann.
Aber würde ich das nervlich wirklich durchstehen, anwesend und direkt verantwortlich zu sein? Und wie passt diese Frage überhaupt zu der Tatsache, dass ich auch bei jedem Stück gekühlten Lebens, ob Super- oder Biomarkt, für den Tod eines Tieres verantwortlich bin?
19:35h
Andy sagt:
Danke für diese Erinnerung, bzw. den Link auf die Jamie Oliver Videos.
Noch ein paar Mal sowas gucken, und die Motivationsprobleme zu meinem zweiten vegetarischen Jahr sollten erledigt sein.
20:25h
Siepert77 sagt:
Sehr gut nachvollziehbarer Gedankengänge, ich verstehe das ausgesprochen gut und finde es sehr gut, wie Du Dich dem Thema stellst. Wenn Du Dich nicht, was ich auch verstehen würde, in der Konsequenz vegetarisch ernährst, möchte ich Dich unbedingt noch einmal persönlich zu Porkcamp einladen. Genau diese Diskussionen wünsche ich mir dort. Und natürlich die beste Leberwurst meines Lebens.
15:28h
Herr Z sagt:
"Wir sind, was wir essen".
Unsere Eßgewohnheiten und vor allem die Gewohnheiten unserer Lebensmittelindustrie, uns sogenannte Lebensmittel zur Verfügung zu stellen, die mit Leben nicht viel zu tun haben, ist ein weites Feld und ein in meinen Augen sehr sehr wichtiges Thema.
Ich würde dabei nicht an der Stelle aufhören, wo es um industrielle Fleischproduktion geht, wie wir so schön die KZ-Haltung von Tieren aller Art umschreiben, um sie nicht schon sprachlich ungenießbar zu machen. Es ist bei der pflanzlichen Nahrungsmittelproduktion ja um keinen Deut besser. Allein schon die Chemie, die zum Einsatz kommt. Die Patente auf Saatgut, die auf den andern Seite der Welt die Leute verhungern lassen. Die Krankheiten, die denaturierte Lebensmittel hervorrufen. Die Entfremdung von uns selbst, die beim Verzehr künstlicher Ernährung notgedrungen einsetzt.
Es ist alles so grauenhaft, daß man konsequenterweise in Hungerstreik treten müßte.
Oder aber man versucht, so umfassend wie irgend möglich, nur Lebensmittel zu kaufen und zu essen, deren Herkunft und Herstellungsprozess nachvollziehbar und vertretbar ist. Und das geht durchaus.
Insodern fände ich so ein PorkCamp, äße ich denn Schwein, was ich aber seit 25 Jahren nicht mehr tue, gut. Sehr gut.
Mach mal!
04:03h
Sven K. sagt:
Oh, Konflikt! Warte, bis sie Blattläuse im Supermarkt neben den Sojasprossen als Delikatessen anbieten ;-)
09:28h
serotonic sagt:
Herr Z:
Sehr wohl. Es geht, kostet halt nur mehr von beiden Gütern, von denen die meisten nicht so viel haben. Gerade in Punkto Zeit: Es reicht ja eigentlich nicht, einfach die Sachen mit dem Biosiegel zu kaufen. Man müsste Herkunft, Verpackungsmittel und Transportwege genau checken, jedes Produkt hinterfragen, das man in den Einkaufswagen legt. Das geht.
Macht mich persönlich aber zu einer verkopften, mir selber unangenehmen Zeitgenossin.
(Porkcamp: Ich überlege noch ;))
Sven K.:
Na, hoffentlich wären die dann kandiert, die verlieren doch viel zu schnell ihre Form ;)