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15. Jul 2013 Wochenrückblick vom 16. Juli
Liebes Tagebuch,
die letzte Woche war in vielfacher Hinsicht ein Schaf im Wolfspelz und seltsam unbeschwert.

Montag stand im Zeichen des Sports. Morgens war ich das erste Mal seit Wochen laufen (und litt dabei massiv unter Hundekot), ging am frühen Abend zum Yoga und am späteren schwimmen. Zwischendurch bereitete ich vielen lästigen Kleinigkeiten ein Ende und kann auch sonst sagen: Top-Tag, gerne wieder.
Dienstag war sehr arbeitsam und einigermaßen highlightarm.
Mittwoch war ich beim Friseur. Um Punkt 12 Uhr nahm ich sittsam frisiert, straßenköterblond und sehr aufgeregt vor einem großen Spiegel Platz und sprach die Worte: Blau bitte.
Einige eindringliche Gespräche, etwa zweiunddrölfzig Blondierpäckchen und über sechs Stunden später schritt ich knallblauen Hauptes durch die Innenstadt und konnte mein Glück so sehr kaum fassen, dass mich selbst 14 Euro Parkhausgebühren nicht tiefergehend traumatisieren konnten.
Donnerstag erwachte ich mit blauem Haupt und fand das fast noch schöner, als mit blauem Haupt einzuschlafen. Später verabschiedete ich mich von den Lesern des 1ppm und ging mit dem Mann ins Kino, nackte Frauen gucken. Die Frauen waren wunderschön, der Film leider nicht.
Erstens macht es ganz den Eindruck, als wäre Christian Louboutin ganz in den Neunzigern hängengeblieben – Musik, Bühnenbild und Choreo schwankten quasi ständig zwischen laut, bunt und befremdlich albern, waren billig zutiefst plakativ und nur selten sinnlich. Und zweitens war das Dokukonzept kaputt – ich begriff erst nach einer geraumen Weile, dass es nicht an mir lag, dass ich es nicht verstand, sondern dass es keines gab. Zwischen den Varietésequenzen sprachen Tänzerinnen Persönliches aus dem Off, während ihre Körper, gefangen in einer prächtigen Schneekugel (sic!), über einen schwarzen Hintergrund schwebten. Fast hätte ich dem Film zugestanden, hier den Versuch unternommen zu haben, die Diskrepanz zwischen Mensch und Objekt herauszuarbeiten, hätte Christian Louboutin für seine Interviewsequenzen nicht auf einem Kussmundsofa (sic!) Platz genommen und über die Bedeutung seiner Schuhe referiert, während sie in kleinen Vogelkäfigen um ihn herum schwebten (seriösliches wtf). Als er irgendwann sinngemäß berichtete, dass man hinter den Kulissen des Crazy Horse ja ganz unterschiedliche Charaktere entdecken könne, und wie ungemein überraschend das sei, entsprächen die Tänzerinnen im Grunde doch ein und demselben Frauentyp – da habe ich mich glatt am Popcorn verschluckt, obwohl ich gar keines bei mir hatte.
Freitag erledigte ich Dinge und war dabei fürchterlich effizient. Außerdem stritt ich mich mit gleich mehreren Support Centern in ganz unterschiedlichen Angelegenheiten. Es scheint gerade die Zeit für Zwist zu sein, und ich komme nicht umhin, viel über Sonnenwinde, Mondphasen, Alieninvasionen und andere Verschwörungstheorien nachzudenken. Abends statteten wir meiner Mutter einen Überraschungsbesuch ab, die sich vor Freude über die Haarfarbe ihrer Tochter gar nicht einbekam. Was wiederum mich sehr überraschte. (Wir sind dann jetzt wohl quitt.)
Samstag erzählte ich zum ungefähr fünfzigsten Mal, wieso ich mir die Haare blau färbte. Und sollte auch Ihnen die Frage unter den Nägeln brennen: Weil ich das schon immer mal machen wollte. Mit dreizehn durfte ich nicht, mit sechzehn rebellierte ich anders, später hatte ich Chefs, danach machte ich mich selbständig und sah mich aus unerfindlichen Gründen gezwungen, möglichst seriös auftreten. Doch kürzlich guckte ich auf den Kalender und kam nicht umhin, Poah. Schon 2013!
zu denken, ein Telefon zur Hand zu nehmen und meinen Friseur anzuschreien, er möge sich aufmachen und Farbe kaufen. Fun Fact: Das wollte ich schon immer mal machen
gehört zu den Top-3-Reaktionen auf den Blauschopf. Und ein Pro-Tipp gleich hinterher: Einfach machen! Es ist toll, ich liebe es, ich würde es jederzeit wieder tun.
Sonntag schliefen der Mann und ich aus und fuhren mit der Bahn zum Flughafen Köln/Bonn, um dort den starbucks’schen Carrot Cake zu frühstücken. Nach so einem Prachtstück hatte es mich seit Mittwoch sehr schlimm gelüstet, und all das Cream Cheese Frosting in den Backen machte mich zu einem ziemlich glücklichen kleinen Scheißerchen. Anschließend nahmen wir die Bahn nach Duisburg, um im Rahmen des mittlerweile fest etablierten Sachen Machens eine der sieben Betriebszentralen der Deutschen Bahn zu besichtigen. Das gestaltete sich folgendermaßen: Gucken Sie, das hier sind unsere Monitore, da können wir Sachen drauf sehen, hier, hier, und hier, und manchmal blinkt was. Haben Sie Fragen?
Es war insgesamt nur wenig mind blowing. Anschließend machten wir einen eher traurigen Spaziergang, fuhren noch mehr Bahn, aßen Pizza und kehrten heim.
Montag ging ich laufen, wusch Wäsche und erledigte Dinge. Abends bezog ich noch etwas Fernwärme über ein Telefongespräch, schrieb die Hälfte dieses Rückblicks und entkalkte die Kaffeemaschine. Manchmal ist es so simpel, manchmal ist es so gut.
10:39h
J sagt:
Ich würde mich mit den frisch knallrot gefärbten Haaren gerne neben Sie stellen und ein Foto davon machen lassen.
13:18h
Isabell sagt:
Für so wild habe ich sie nie gehalten.Grobe Fehleinschätzung meinerseits :-)
11:34h
serotonic sagt:
J, dann müssten wir uns beeilen, hier kippt es schon langsam ins Grüne ;)
Isabell, das ist kaum verwunderlich; ich finde hier ja nur recht selektiv statt.
19:38h
Robert sagt:
Hmm, dann hatte die alte Fernsehwerbung also direkt prophetische Züge. Blau macht glücklich… leider habe ich noch Chefs, also bleibts hier erstmal straßenköterblond.
19:03h
Marén sagt:
Ach, was für eine wunderschöne Farbe. Ich rebellierte in Blau mit 18 und sah furchtbar aus. Sehr bedauerlich.