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21. Aug 2009 (N50)
Unten im Hausflur hängt ein Zettel: „Wir heiraten!“, und das ganze Haus ist eingeladen, doch in Kürze fröhlich mitzupoltern, auswärts. Was ja eigentlich total nett ist, aber, ich mein: Wir kennen die Beiden doch gar nicht, die da seit über einem Jahr unter uns wohnen, und wären wir uns sympathisch, sähe das ganz sicher anders aus, mittlerweile. Ich weiß nur, dass sie 3 Katzen und viel Familie haben, regelmäßig Paketpost bekommen, sie eine beneidenswert schöne Haut hat, sein Blick gerne aus Versehen meine Brüste streift, so wir uns im Keller begegnen und wie das so ist, wenn er auf der Straße den Macker markiert und anderen Verkehrsteilnehmern zeigt, wo der Hammer hängt (Eine Geschichte, die ich schon in 140 Zeichen erzählte). Aber dank des hübschen Zettels im Flur, der mit den Worten „Und besucht uns doch auf unserer Hochzeits-Homepage!“ schließt, weiß ich jetzt mehr, als mir je lieb war. Besonders hervorzuheben wäre die unschuldige Freizügigkeit mit Fotos und persönlichen Daten von sich selbst, Freunden und Verwandten, gepaart mit den üblichen Hochzeits-Reimen, angesichts derer sich mir persönlich die nicht vorhandenen Testikel ganz tief in die Bauchhöhle zurückziehen. Aber hey, ich wünsch ihnen von hier aus alles Glück der Welt und einen ultralustigen Polterabend in einigem räumlichen Abstand; ich kenn das ja und kann, auch ohne dabei zu sein, gedanklich um die ganzen, mit privaten Peinlichkeiten bestückten Diavorträge und infantil-erniedrigenden Partyspielchen ergänzen, bei denen ich schneller zum eingefleischten Misanthropen konvertiere als ein Huhn gackern kann.